Kolumne Frau Muggli und das Frustvokabular

Golfsuisse 06-14

Frau Muggli und das Frustvokabular

Frau Muggli hat jetzt zugegeben, dass sie nicht schlecht gestaunt hat, als dieser Typ über ihre Lady Captain hergefallen sei. Nein, nicht bildlich – richtig! Nachdem sein gesliceter Ball unmittelbar neben ihrem Flight eingeschlagen sei, habe ihn die Kapitänin zeitnah, freundlich, aber bestimmt darauf hingewiesen, dass sie eigentlich alle extrem froh wären, wenn er beim nächsten Querschläger laut «Fore!» rufen würde, weil keine von ihnen übertrieben grossen Wert auf blaue Flecken lege. «Heb d’ Schnorrä, du alti Häx!» sei seine gebrüllte Antwort gewesen. Hoppla!

Vermutlich war der arme Mann nach einem Dutzend haarscharfer Vierputts (YouTube- «McIlroy four-putts») auf den schwierigsten Grüns der Schweiz dermassen gebeutelt, dass er schlicht und ergreifend burnoutete. Unter Schock nach einer Erklärung ringend, mutmasste Frau Muggli, dass der arme Kamerad vielleicht gar im klinischen Sinne verhaltensauffällig sei und sich deshalb nicht im Griff habe. Sie alle hätten die (an die Adresse der Lady Captain) gebrüllte Bemerkung «Heb d’ Schnorrä, du alti Häx!» zunächst für eine Sinnestäuschung gehalten, eine akustische Fata Morgana sozusagen. Frau Muggli reklamierte, dass «Heb d’ Schnorrä, du alti Häx!» eine Formulierung sei, die man allenfalls in einem Märchen erwarte (Hänsel und Gretel, Dornröschen oder Rapunzel) – aber doch bitte nicht auf einem Golfplatz. Klar, den Nuggi raushauen, das könne es jedem mal. Und drum habe ihr Mann für sich extra ein eigenes Notfall- Frustvokabular entwickelt. Wenn ein Putt danebengeht, dann sage er einfach Scheiiiibe. Und das berühmte F Wort habe er durch das viel sympathischere «Jacques» substituiert. Das sei sehr angenehm.

Doch zurück zum impulsiven Imperativ des Slicers: Zunächst einmal stellen wir fest, dass es sich beim unflätigen Subjekt um einen Schweizer gehandelt haben muss. Denn erstens ist der Deutsche unserer Helvetismen nicht mächtig und zweitens siezt er. Das Tages-Du, das kommt – wenn überhaupt – höchstens im eigenen Flight zum Tragen, aber bestimmt nicht auf einem anderen Fairway. Dort ist man weltweit per Sie.

Was Frau Muggli und ihre Damen darüber hinaus auch als äusserst befremdend empfanden, war das Attribut «alti». Damen reagieren ja naturgemäss eher empfindlich, wenn’s ums Alter geht. Hotelkönigin Ljuba Manz zum Beispiel hüllt sich in Schweigen und von Jetsetterin Vera Dillier wissen nicht mal deren Nackthunde, wie alt sie ist. «Heb d’ Schnorrä, du alti Häx!» – ey, wie aufgebracht, wie verzweifelt muss jemand sein, der so krass die Contenance verliert und eine unbescholtene Lady derart wüst beschimpft? Sehr! Jedenfalls spielt er jetzt auch eine Weile lang nicht mehr auf unserem Platz.

Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass ich nicht Ladiescaptain geschrieben habe, sondern Lady Captain. Ehrlich gesagt weiss ich auch erst seit meiner Runde im Northenden Golf Club von Manchester, dass die Dame, die den Ladies vorsteht, nicht die Ladiescaptain ist, sondern die Lady Captain. Lady Captain ist also ein Titel. Wie First Lady. In puncto Stil sind sie uns also schon fore!aus, die Engländer.


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