Kolumne: Frau Muggli rüstet auf

Golfsuisse 01-16

Frau Muggli rüstet auf

Frau Muggli hat jetzt zugegeben, dass sie sich auf die neue Saison hin einen Helm angeschafft habe. Nicht etwa einen leichten Velo- oder Skihelm, nein, bei ihrem Modell handle es sich um einen Suva-geprüften Motorradhelm mit Vollvisier und roten GT-Streifen. Um einen 1,3 Kilogramm schweren Integralhelm aus Carbon, Fiberglas und Kevlar, mit Antibeschlags-Visier, waschbarem Futter und Doppel-D-Ring-Verschluss zum Schnäppchenpreis von 593 Franken. Das klinge im ersten Moment nach viel, sei aber doch zehn Rappen günstiger als der heruntergesetzte neue TaylorMade M1 430 Driver – wobei der ja eine Angriffswaffe sei und ihre neue zusätzliche Ausrüstung ausschliesslich der Verteidigung diene. Und weil es beim Golfen ja seit neustem um Leben und Tod gehe, habe sich ihr Ruedi den original «US Army MSA TC2000»-Kevlarhelm mit Multi- Cam-Halterung angeschafft, exakt jenes Modell also, das die amerikanischen Marine-Infanteristen an der Front trügen. Das Teil sei im Internet so günstig gewesen, dass er auch grad noch eine kugelsichere Weste (Klasse IIA) für sie geposchtet habe.

Auf die Frage, weshalb sie um alles in der Welt denn derart aufrüste, starrte mich Frau Muggli bloss mit weit aufgerissenen Augen an: «Aus Angst, auf dem Golfplatz abgeschossen zu werden!» Die Tatsache, dass die neue Handicap- Obergrenze auf 54 gesetzt worden sei, mache ihr grösste Sorgen.

Wenn sie auf der Driving-Range beobachte, wie die Bälle der Novizen kreuz und quer durch die Gegend zischten, dann gehe sie davon aus, dass das auf dem Platz nicht wesentlich anders sein werde. Natürlich verstehe sie es, dass der Golfverband verzweifelt alles daransetze, hauruckmässig neue Spieler anzulocken, aber ob der Aufruf zum fröhlichen Jekami der richtige Weg sei, das wage sie dann doch sehr zu bezweifeln. Denn was nützen neue Golfer, wenn gleichzeitig altgediente Mitglieder umgenietet würden?

Aus ihrer Sicht habe es noch nie jemandem geschadet, sich erst mal ein bisschen in den Hintern zu chlübän und zu üben, bevor er auf die Menschheit losgelassen werde. Hinzu komme, dass sich Neulinge auf dem Platz ja auch nicht wirklich flink bewegen würden. Die langen Rundenzeiten, die seien ja weiss Gott schon heute eines der grössten Probleme beim Golfspiel und je länger die Runde, desto grösser sei ja auch die Wahrscheinlichkeit, abgeschossen zu werden. Immerhin: Solange man nicht am Abschlag von Ryan Winther stehe, sei die Chance halbwegs intakt, ohne Steckschuss vom Feld getragen zu werden. Der Wahnsinnige stellte ja 2013 mit 349,38 Stundenkilometern den absoluten Weltrekord punkto Ballgeschwindigkeit auf.

Zum Vergleich: Der Durchschnittswert für von den Tourprofis gedroschene Bälle liegt bei rund 260 Kilometern die Stunde. Klar, auch da wäre es relativ suboptimal, wenn man in die Schusslinie geriete. Zum Glück flögen die Bälle der Anfänger deutlich langsamer. Aber trotzdem: Wenn man von so einem Vierundfünfziger einen Ball aufs Auge gepfeffert bekomme, dann gehe das Licht aus, meinte Frau Muggli.


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