Kolumne Frau Muggli und die schiere Gier

Golfsuisse 01-13

Frau Muggli und die schiere Gier

Frau Muggli hat sich für diese Saison vorgenommen, nun doch auch vier «richtige» Turniere oder mindestens EDS-Karten zu spielen. Sie ist der Meinung, dass dies zwar unnötig sei, es aber allen Beteiligten weniger Unannehmlichkeiten bringe, wenn man in den sauren Apfelkuchen beisse und so dem Aktiv-inaktiv-Theater aus dem Wege gehe. Dafür möchte ich ihr danken. Denn eine der langweiligeren Arbeiten eines Captains ist die AHR, die Annual Handicap Review, die jährliche obligatorische Überprüfung der Handicaps aller Mitglieder also. Der Grund, weshalb der europäische Golfverband von Frau Muggli verlangt, pro Jahr vier handicapwirksame Turniere zu spielen, ist bekanntlich der, dass man damit zu verhindern glaubt, dass Handicapschinder (was Frau Muggli selbstredend nicht ist) die tollen Turnierpreise abholen. Doch Hand aufs Herz, was gibt’s denn an unseren Turnieren zu gewinnen? Einen Jaguar? Zwei Wochen Ferien auf Bali? Die Mitgliedschaft im Royal and Ancient Golf Club of St Andrews? Eine goldene Rolex? Nein, richtig, wir reden von einem Golfbag, einem Prostatahölzli vom Vorjahr, einem Regenschirm, einem Reinigungs-Towel mit «Saab Gripen»-Logo oder einer Sigg-Bottle (ohne Logo). Bravo! Man möchte es nicht glauben, aber es gibt tatsächlich Golfer, die in der schieren Gier, ein Turnierli und einen Preis zu gewinnen, ihr Handicap a) absichtlich möglichst hoch halten und b) bescheissen. Leider verstehen hierzulande offenbar noch immer viel zu viele unser kurzweiliges Hobby als Sport. Und eben nicht als Vergnügen. In geradezu grotesker Verkennung der Realität glauben die denn auch tatsächlich, Golf spielen zu können wie ein McIlroy, ein Kaymer oder Ausnahmeathletinnen wie die unglaubliche Koreanerin Inbee Park oder die Dänin Suzann Pettersen. Freunde, das, was wir auf Sky sehen, hat mit uns nichts zu tun. Ich buchstabiere: NIX! Also, warum spielen wir nicht einfach Golf? Mit Betonung auf «spielen». Mit Freunden einen schönen Nachmittag verbringen, sich gemeinsam über zirzensische Annäherungen freuen und vergeigte Putts bejammern, das wäre doch eigentlich die Urform des Golfs.
Und ja, klar, wenn jemand jung ist und hungrig und die Welt erobern und auf die PGA Tour gehen will, dann logo, klar, dann soll er auch Turniere spielen, bis die Arme plampen. Aber unsereiner doch nicht! Herr und Frau Muggli wollen doch bloss ein bisschen draussen sein und im Anschluss an eine heitere Runde ein kühles Bier trinken oder mit einem guten Weissen anstossen und etwas Leckeres essen. Und wenn man das erst einmal begriffen hat, dann wird Golf total entspannt. Immer mehr Clubs setzen deshalb vermehrt auf gesellige Spielformate. Auf Scrambles und Foursomes und Two-Balls etc. Frau Muggli meinte, als ich sie diesen Winter im Skigebiet in Laax überoben traf, dass sie schon noch froh sei, dass sie wenigstens hier oben ohne Wettkampfdruck die Pisten runterkurven dürfe und nicht pro Jahr vier handicapwirksame FIS-Rennen fahren müsse. Denn eigentlich wolle sie doch einfach nur ein bisschen «vorusse» sein. Und sich zwischendurch in der Skihütte einen Öpfelchuächä mit Schlagrahm reinchippen.


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